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1. Vaterländisches Lesebuch für die mittleren und oberen Klassen evangelischer Volksschulen - S. 392

1880 - Sondershausen : Eupel
392 41. Friedrich der Große als Fürst und Mensch. In den Friedensjahren widmete sich der König mit dem größten Fleiße den Rcgierungsgeschäften. Nie hat ein Fürst thätiger für seines Volkes Glück gesorgt, wie er. „Ich bin," sagte er, „des Staates erster Diener. Mein Stand verlangt Arbeit und Thätigkeit; mein Geist und mein Leib beugen sich unter ihre Pflicht. Daß ich lebe, ist nicht nötig, wohl aber, daß ich thätig bin." Alles ordnete er selber an, sorgfältig und pünktlich. Schon mit vier Uhr des Morgens stand er auf und ging an den Arbeitstisch. Auf alle eingelaufenen Schreiben und Bittschriften er- folgte rasch der Bescheid; oft schrieb ihn der König mit eigener Hand in kurzen, treffenden Worten au den Rand. Keinem seiner Unterthanen ver- weigerte er das Gehör. „Die armen Leute," sagte er, „wissen, daß ich Landesvater bin; ich muß sie hören, denn dazu bin ich da." Die freien Stunden, welche ihm die Staatsgeschäfte übrig ließen, widmete er der Musik und wissenschaftlicher Beschäftigung. Auch als Schriftsteller erwarb er sich Ruhm. Während der Mahlzeit unterhielt er sich mit den gebildetsten seiner Offiziere und berühmten Gelehrten, ans denen er seine Tischgesell- schaft wählte. Da war er in witzigen, sinnreichen Reden unerschöpflich. Jedes Jahr bereiste er die Provinzen, um die Truppen zu mustern und zugleich nach allem in der bürgerlichen Verwaltung zu sehen. Hohe und niedere Beamte mußten da Rechenschaft über ihre Thätigkeit geben, und damit auch die Zeit, welche der König auf der Landstraße zubrachte, nicht unbenutzt bleibe, mußten die Landräte und Amtleute neben seinem Wagen herreiten und ihm von dem Zustande der Kreise und Ortschaften erzählen. Auch Kaufleute und Geschäftsmänner sah er gerne, um sich bei ihnen nach den Gewerbsverhültnissen und dem Gange des Handels zu erkundigen. Mit Bauern und geringen Leuten redete er freundlich und treuherzig, und alle Stände hatten sich der Hilfe und unermüdeten Fürsorge ihres Königs- zu erfreuen. Nach dem siebenjährigen Kriege war seine erste Sorge darauf gerichtet, die Wunden zu heilen, welche der Kamps seinem Lande geschlagen hatte. Das Getreide, welches er schon für den nächsten Feldzug hatte aufkaufen lassen, vertheilte er als Saatkorn unter die verarmten Landlente, und die Pferde, die für das Geschütz und Gepäck bestimmt waren, gab er für den Ackerbau her. Aus seinen eigenen Ersparnissen baute er die niedergebrannten Ortschaften wieder auf, ließ er notleidenden Gegenden Geldunterstützungen zufließen. Denn für sich selbst brauchte der König sehr wenig; seine Lebens- weise, seine Kleidung war höchst einfach. „Ich bin arm," pflegte er zu sagen, „aber der Staat ist reich; mein Schatz gehört nicht mir, sondern dem Staate." So hals er mit freigebiger Hand und unermüdlicher Für- sorge dem gesunkenen Wohlstände seines Landes wieder auf. Ja, er er- hob durch Herbeizichnng von Ansiedlern, die ganze Strecken wüstliegenden Bodens urbar machten, durch Unterstützung der Gewerbthätigkeit und des Handels, durch Förderung der Rechtspflege und der Volksbildung sein Land zu einer Blüte, wie es sie vorher nie gekannt hatte. Seinen Unterthanen war Friedrich ein gütiger, leutseliger Herr. Auch dem Geringsten seines Volkes bewies er sich freundlich. Einst konnte der König in der Nacht nicht schlafen und wollte sich etwas vorlesen lassen. Er klingelte, er rief. Da niemand kam, öffnete er

2. Vaterländisches Lesebuch für die mittleren und oberen Klassen evangelischer Volksschulen - S. 59

1880 - Sondershausen : Eupel
59 81. Der reichste Fürst. 1. Preisend mit viel schönen Neben ihrer Länder Wert und Zahl, saßen viele deutsche Fürsten einst zu Worms im Kaisersaal. 2. „Herrlich," sprach der Fürst von Sachsen, „ist mein Land und seine Macht; Silber hegen seine Berge wohl in manchem tiefen Schacht." 3. „Seht mein Land in üppger Fülle," sprach der Kurfürst von dem Rhein, „goldne Saaten in den Thälern, auf den Bergen edler Wein!" 4. „Große Städte, reiche Klöster," Ludwig, Herr zu Baiern, sprach, „schaffen, daß mein Land den euren wohl nicht steht an Schätzen nach." 5. Eberhard, der mit dem Barte, Württembergs geliebter Herr, sprach: „Mein Land hat kleine Städte, trägt nicht Berge silberschwcr; 6. doch ein Kleinod hült's verborgen, daß in Wäldern noch so groß, ich mein Haupt kann kühnlich legen jedem Unterthan in Schoß." 7. Und es rief der Herr von Sachsen, der von Baiern, der vom Rhein: „Graf im Bart, Ihr seid der reichste! Euer Land trägt Edelstein." I. Kerner. 82. Landgraf Ludwig der Eiserne baut eine Mauer. Einmal führte der eiserne Landgraf den Kaiser Friedrich Rotbart, seinen Schwager, auf sein Schloß Neuenburg bei Freibnrg an der Unstrut. Da ward der Kaiser von seiner Schwester freundlich empfangen und blieb eine Zeit lang bei ihnen. Eines Morgens lustwandelte der Kaiser, besah die Gebäude und ihre Einrichtung und trat hinaus auf den Berg, der sich vor dem Schlosse ausbreitete. „Eure Burg," sprach er, „behagt mir wohl; doch vermisse ich Mauern hier vor der Kemnate, welche doch auch befestigt sein sollte." Der Landgraf erwiderte: „Um die Mauern sorge ich nicht; die kann ich schnell schaffen, sobald ich ihrer bedarf." Da fragte der Kaiser: „Wie bald kann denn eine gute Mauer hier gebaut werden'?" — „Dazu bedars's nicht einmal dreier Tage," antwortete Ludwig. Der Kaiser lachte und sprach: „Das wäre ja ein Wunder und mochte kaum geschehen, wenn auch alle Steinmetzen des deutschen Reiches hier beisammen wären." Es war aber die Zeit, wo der Kaiser zu Tische ging; da entbot der Landgraf durch eiligst ansgesandte Boten allen Grafen und Herren in Thüringen, daß sie zur Nacht mit wenigen Leuten, jedoch in ihrer besten Rüstung und ihrem schönsten Schmuck auf die Burg kämen. Das geschah, und bei Tagesanbruch stellte Ludwig die Mannschaften auf. Ein jeder mußte, ge- waffnet und geschlnückt in Gold, Silber, Sammt oder Seide, wie man zum Streite auszieht, an den Rand des Burggrabens treten; jeder Graf oder Edelmann hatte einen Knappen vor sich, der ihm das Wappen, und einen andern hinter sich, der ihm den Helm trug, so daß man deutlich jedes Wappen und Kleinod erkennen konnte. So standen nun alle Dienst- mannen rings um den Graben, bloße Schwerter und Äxte in den Händen haltend, und wo ein Mauerthnrm emporragen sollte, da stand ein Graf oder Freiherr mit dem Banner. Als Ludwig dies alles in der Stille an- geordnet hatte, ging er zu seinem Schwager und sagte: „Die Mauer, welche ich gestern bauen zu können mich rühmte, steht bereit und fertig." Da sprach Friedrich: „Ihr wollt mich täuschen," und segnete sich, wenn er es etwa mit Hilfe der schwarzen Kunst zuwege gebracht haben möchte. Als er aber an den Graben hinaustrat und so viel Schmuck und Pracht er-

3. Vaterländisches Lesebuch für die mittleren und oberen Klassen evangelischer Volksschulen - S. 63

1880 - Sondershausen : Eupel
63 Zeugnisse über das Betragen und die Aufführung der Frau lauteten zu ihrem Lobe; und die Ertheilung eines lebenslänglichen Jahrgeldes von hundert Thalern und die Unterbringung des kleinen Börsenhändlers in einer Erziehungsanstalt waren die Folgen jenes Gott wohlgefälligen Morgen- ganges. Junker. 86. Mittwoch-Nachmittag. Friedericus Rex, der große Held, kam siegreich aus dem Kriegcsfeld, und wenu er durch die Straßen ritt, so liefen alle Kinder mit. Sie stellten sich wohl auf die Zehn, den lieben Vater Fritz zu sehn, sie faßten ihn an Pferd und Rock; doch Vater Fritz erhob den Stock und sagte lächelnd: „Habet acht, daß ihr mein Pferd nicht böse macht!" Doch einst ein wilder Knabenschwarm den Kopf ihn machte gar zu warm; da hat er böse drein gesehn: „Wollt ihr wohl gleich zur Schule gehn!" Da sprach ein dicker Bube: „Ach, heut' ist ja Mittwoch-Nachmittag!" Der ganze Chor fiel jubelnd ein: „Der alte Fritz will König sein und weiß nicht 'mal, daß dieser Frist des Mittwochs keine Schule ist!" Der König stille vor sich lacht und hat in seinem Sinn gedacht: „Wie reich bist, liebe Einfalt, du! Ich alter Mann hab keine Ruh; des Morgens ruft mich Sorge wach, dann drückt mich Müh' den ganzen Tag, daß meine Kinder groß und klein sich ihrer Feierstunde freun!" Gewiß, so hat der Held gedacht, er hat sein Denken wahr gemacht. Drum, wo man Gutes liebt und ehrt, sein Angedenken ewig währt, und jedes Kindlein ehrfurchtsvoll den Edlen kennen lernen soll. K. Fröhlich. 87. i. E^Z eil unserm Fürsten Heil! Landesvater Heil, dem Fürsten Heil! ' Herr Gott, dich loben wir, Herr Gott, wir flehn zu dir: o fegn' ihn für und für! Dem Fürsten Heil! Dem Fürsten. 2. Laß deine milde Hand auf unserm Vaterland und Fürsten ruhn! Verleih ihm Glück und Ehr', sei du ihm Schirm und Wehr! Weisheit sei um ihn her! Dem Fürsten Heil! 3. Sein Volk mit Herz und Mund verehr' zu jeder Stund' als Vater ihn! Herr, laß durch sein Bemühn des Volkes Segen blühn! Erhalt' und schütze ihn! Dem Fürsten Heil! Neueres Volkslied. 88. König und Kind. Der König Friedrich Wilhelm Iv. von Preussen war einst auf der Reise. In einem Dorfe wurde er festlich empfangen. Die Schul- kinder mit ihrem Lehrer begrüssten ihn, und ein kleines Mädchen sagte ihm ein Gedicht her, worüber er sich sehr freute. „Du hast deine Sache schön gemacht, mein Kind,“ sagte der hohe, freundliche Herr. „Nun will ich dir aber auch eine Frage vorlegen. Wohin ge- hört das?“ fragte er und zeigte dem Kinde eine Apfelsine. „In das Pflanzenreich,“ erwiderte schüchtern das Mädchen. „Wohin nun

4. Vaterländisches Lesebuch für die mittleren und oberen Klassen evangelischer Volksschulen - S. 387

1880 - Sondershausen : Eupel
387 Der auf dem Schimmel sitzet, der große Kurfürst ist's. Nun donnert und nun blitzet; auf wen's geschieht, ihr wißt's." 6. Die donnern und die blitzen und zielen wohl nichts Schlechtes, und um den Herren fallen die «seinen links und rechts; dem Derfflinger, dem Alten, fast wird es ihm zu warm, er ist kein Freund vom Halten mit dem Gewehr im Arm. 7. Und dicht und immer dichter schlägt in die Heeresreih'n dort in des Schimmels Nähe der Kugelregen ein. „Um Gott, Herr Kurfürst, weiche!" Der Kurfürst hört es nicht, es schaut sein Blick, der gleiche, dem Feind ins Angesicht. 8. Der Schimmel möcht es ahnen, wem dieses Feuer gilt, er steigt und schäumt im Zügel, er hebt sich scheu und wild. Die Herren alle bangen, doch ihm sagt's keiner an; wär' doch nicht rückwärts gangen, der fürstlich große Mann. 9.0 Preußen, damals wägte auf eines Auges Blick, aus eines Zolles Breite sich furchtbar dein Geschick! O Zollern, deine Krone, o Friederich, dein Ruhm — hier galt's im Ahn dem Sohne, im Hut dem Königtum. 10. Hier galt es Sieg und Freiheit, ob nord'scher Übermacht — und wer, wenn er gefallen, wer schlüge seine Schlacht? Nicht Homburgs edle Hitze, nicht Derfflings rauher Mut, nicht Grumbkows Säbelspitze, nicht Heer noch Landsturm gut. — 11. Und doch, der Tod ist nahe und mäht um ihn herum, und alles zagt und trauert, und alles bleibet stumm. Die Scheibe ist der Schimmel, das merket jeder nun; doch helfen mag der Himmel, von uns kann's keiner thun. 12. Da reitet zu dem Fürsten Emanuel Froben her; „Herr Kurfürst, euer Schimmel, er scheut sich vorm Gewehr; das Thier zeigt seine Launen, ihr bringt's nicht ins Gefecht, so nehmt nun meinen Braunen, ich reit's indes zurecht" 13. Der Herr schaut ihm herüber: „Es ist mein Lieblingsroß, doch das verstehst du besser, so reit' es nur zum Troß." Sie wechseln still, dann sprenget rasch, ohne Gruß und Wort, den Zügel lang verhänget, der edle Froben fort. 14. Und weit von seinem Herren hält er zu Rosse nun, für wenig Augenblicke scheint das Geschütz zu ruhn; der Kurfürst selber sinnet, warum es jetzt verstummt, und: „Wacker war's gewinnet," der alte Derfsling brummt. 15. Doch plötzlich donnert's wieder gewaltig übers Feld, doch nur nach einem Punkte ward das Geschütz gestellt; 25*

5. Vaterländisches Lesebuch für die mittleren und oberen Klassen evangelischer Volksschulen - S. 409

1880 - Sondershausen : Eupel
409 sein militärisches Ansehen. Napoleon Iii. nahm eine grosse Armee- reform vor; die Stimmführer des Volkes verlangten „Rache für Sadowa“ und den Rhein als Ostgrenze Frankreichs. Dies alles liess einen feindlichen Zusammenstoss zwischen Frankreich und Deutschland voraussehen; dennoch überraschte der Ausbruch des Krieges allge- mein. Den Vorwand hot der Plan des spanischen Ministers Priem, den Prinzen Leopold von Hohenzollem, einen entfernten Verwandten des preussischen Königs, auf den spanischen Thron zu erheben. Der freiwillige Rücktritt des Prinzen genügte dem Kaiser Napoleon nicht; der König von Preussen sollte jede Erneuerung eines solchen Planes für die Zukunft verbieten. Als diese Forderung zurückgewiesen wurde, erklärte Napoleon an Preussen den Krieg (19. Juli). Auf die Unbe- zwinglichkeit der französischen Armee, die unfertigen Rüstungen Preussens, die offenen und heimlichen Feinde der Einheit Deutsch- lands rechnend, hoffte er die Rheingrenze zu gewinnen, Preussen zu schwächen, die Einigung Deutschlands zu hindern und durch diese Erfolge seinen Thron von neuem zu befestigen. Aber das ganze deutsche Volk vom Fels zum Meer stand auf zur „Wacht am Rhein.“ In wenigen Wochen war die deutsche Streit- macht vollständig ausgerüstet und unter bewährten Führern zwischen Trier und Landau aufgestellt, die erste Armee unter Steinmetz, die zweite unter Prinz Friedrich Karl, die dritte unter dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm. Der greise König selbst, begleitet von Moltke und Bismarck, übernahm die Oberleitung. Gleichzeitig bildeten sich überall zahlreiche Hilfsvereine zur Pflege der im Kriege Verwundeten und Erkrankten. Schon stand Napoleon mit zwei französischen Armeen unter den Marschällen Mac Mahon und Bazaine hart an der deutschen Grenze, bereit, im raschen Siegeslauf nach Berlin zu gehen und den Frieden zu diktiren. Aber nun rückten die deutschen Heere unaufhaltsam zum Angriff vor. „Alldeutschland in Frankreich hinein.“ Stahlberg. 55. Die Wacht am Rhein. i. 3. S braust ein Ruf wie Dounerhall, Awie Schwertgcklirr und Wogenprall: „Zum Rhein, zum Rhein, zum deutschen Rhein! will des Stromes Hüter sein?" Vaterland, magst ruhig sein! steht und treu die Wacht am Rhein! Er blickt hinauf in Himmelsaun, wo Heldengeister uiederschaun, und schwört mit stolzer Kampfeslust: „Du Rhein, bleibst deutsch wie meine Brust." Lieb Vaterland, magst ruhig sein. Fest steht und treu die Wacht am Rhein. 2. Durch Hunderttausend zuckt es schnell, und aller Augen blitzen hell. Der deutsche Jüngling, fromm und stark, beschirmt die heil'ge Laudesmark. Lieb Vaterland, magst ruhig sein! Fest steht und treu die Wacht am Rhein! 4. „Uud ob mein Herz im Tode bricht, wirst du doch drum ein Welscher nicht; reich, wie an Wasser deine Flut, ist Deutschland ja an Heldenblut." Lieb Vaterland, magst ruhig sein! Fest steht und treu die Wacht am Rhein!

6. Vaterländisches Lesebuch für die mittleren und oberen Klassen evangelischer Volksschulen - S. 415

1880 - Sondershausen : Eupel
415 59. Der Kaisertag in Versailles. 18. Januar 1871. Während in raschem Fortschritte ganz Frankreich von den deutschen Heeren überwältigt und niedergeworfen wurde, brach in Versailles, dicht vor den Thoren des belagerten Paris, ein Tag heran, der Frieden und die höchste Freude für ganz Deutschland, ja für die Welt bedeutete. Dem Werke, das die vereinte Kraft Deutschlands geleistet, sollte nun das Siegel aufgedrückt werden durch die friedliche und feierliche Erneuerung des deutschen Kaisertums. Schon im Dezember 1870 hatten die deutschen Fürsten und Völker, allen voran der hochherzige jugendliche Baiernkönig Ludwig, dem greisen Könige Wilhelm die deutsche Kaiserkrone angeboten. In dem Schlosse jenes gottlosen Fürsten, Ludwigs Xiv., dessen ganzes Sinnen und Trachten auf Deutschlands Zersplitterung und Erniedrigung gegangen war, wurde am 18. Januar 1871 König Wilhelm von Preußen zum deutschen Kaiser ausgerufen. Es war derselbe Tag, an dem 170 Jahre früher sein Ahnherr Kurfürst Friedrich Iii. von Bran- denburg sich zum Könige von Preußen gekrönt hatte. Der große Festsaal des Schlosses zu Versailles, der überaus prächtige Spicgelsaal, war zu der Feier ausersehen. Mitten unter all der prahlerischen Eitelkeit der fran- zösischen Könige war ein bescheidener Altar errichtet, mit rotem Sammet bedeckt und mit zwei brennenden goldenen Armleuchtern geschmückt. Davor- stand ein preußischer Geistlicher in seinem schmucklosen schwarzen Ornat. Zu beiden Seiten des Altars standen Soldaten, je einige Mann von allen deutschen Regimentern, die um Paris lagerten. Auch die Fahnen von allen diesen Regimentern waren, jede von einem Unteroffizier gehalten, am Ende des Saales auf einer Erhöhung aufgestellt. Und endlich hatten sich gegen 600 Offiziere von allen Waffengattungen, im bunten Schmucke ihrer prächtigen mannigfaltigen Uniformen, in dem Saale versammelt. Um zwölf Uhr erschienen der König, der Kronprinz und viele fürst- liche Gäste und nahmen dem Altare gegenüber Platz. Bismarck und Moltke standen in der Nähe des Königs. Ein Sängerchor, der aus Sol- daten bestand, leitete den Gottesdienst ein; er sang: „Jauchzet dem Herrn alle Welt" mit Posaunenbegleitnng und die Liturgie. Dann folgte ein kriegerisches: „Helme ab zum Gebet" und die Predigt des Hofpredigers Rogge ans Potsdam über den 21. Psalm, der gerade für die Feier so passend war: „Herr, der König freuet sich in deiner Kraft, und wie sehr fröhlich d ist er über deiner Hilfe. Du gibst ihm seines Herzens Wunsch und weigerst nicht, was sein Mund bittet. Sela. Denn du überschüttest ihn mit gutem Seg^n, du setzest eine goldene Krone auf sein Haupt du setzest ihn zum ^egen ewiglich .... denn der König hofft auf den Herrn und wird durch die Güte des Höchsten fest bleiben .... Sie gedachten dir Übles zu thun und machten Anschläge, die sie nicht konnten ausführen . . . ." Mit einem brausenden „Nun danket alle Gott!" schloß die kirchliche Feier. _ Der König erhob sich und schritt, gefolgt von allen Prinzen und Fürsten und dem Grafen Bismarck, gerade auf die Erhöhung zu, wo alle die Fahnenträger standen. Am Rande der Erhöhung stand der greise, fast 74jährige König, zu seiner Rechten der Kronprinz, links der Bundeskanzler; die Fürsten traten hinter den König. Mit bewegter Stimme sagte der König, wie ihm die Kaiserkrone von allen deutschen Fürsten und freien

7. Vaterländisches Lesebuch für die mittleren und oberen Klassen evangelischer Volksschulen - S. 416

1880 - Sondershausen : Eupel
416 Reichsstädten und den Vertretern des norddeutschen Bundes angetragen worden sei; er nehme sie an und habe in diesem Sinne heute eine Be- kanntmachung an das ganze deutsche Volk erlassen, die der Bundeskanzler jetzt verlesen werde. — Dieselbe lautet: An das deutsche Volk! Wir Wilhelm,, von Gottes Gnaden König von Preußen, nachdem die deutschen Fürsten und freien Städte den einmütigen Ruf an Uns gerichtet haben, mit Herstellung des Deutschen Reiches, die seit mehr denn 60 Jahren ruhende deutsche Kaiser- würde zu erneuern und zu übernehmen, und nachdem in der Ver- fassung des Deutschen Bundes die entsprechenden Bestimmungen vorgesehen sind, bekunden hiermit, daß Wir es als eine Pflicht gegen das gemeinsame Vaterland betrachtet haben, diesem Rufe der verbündeten deutschen Fürsten und Städte Folge zu leisten und die deutsche Kaiserwürde anzunehmen. Demgemäß werden Wir und Unsere Nachfolger an der Krone Preußen fortan den Kaiserlichen Titel in unseren Beziehungen und Angelegenheiten des Deutschen Reiches führen und hoffen zu Gott, daß es der deutschen Nation gegeben sein werde, unter dem Wahrzeichen ihrer alten Herrlichkeit das Vaterland einer segensreichen Zukunft ent- gegenzuführen. Wir übernehmen die Kaiserliche Würde in dem Bewußtsein der Pflicht, in deutscher Treue die Rechte des Reichs und seiner Glieder zu schützen, den Frieden zu wahren, die Un- abhängigkeit Deutschlands, gestützt auf die geeinte Kraft seines Volkes zu vertheidigen. Wir nehmen sie an in der Hoffnung, daß es dem deutschen Volke vergönnt sein wird, den Lohn seiner- heißen und opfermütigen Kämpfe in dauerndem Frieden und inner- halb der Grenzen zu genießen, welche dem Vaterlande die seit Jahrhunderten entbehrte Sicherung gegen erneute Angriffe Frank- reichs gewähren. Uns aber und Unseren Nachfolgern an der Kaiserkrone wolle Gott verleihen, allzeit Mehrer des Deutschen Reiches zu sein, nicht an kriegerischen Eroberungen, sondern an den Gütern und Gaben des Friedens auf dem Gebiete nationaler Wohlfahrt, Freiheit und Gesittung. Gegeben Hauptquartier Versailles, den 18. Januar 1871. Wilhelm. Nachdem der Bundeskanzler die Bekanntmachung verlesen hatte, trat der Großherzog von Baden vor und rief mit lauter Stimme: „Es lebe hoch König Wilhelm, der deutsche Kaiser!" Unter dem langen Jubelrufe der großen Versammlung ward manches

8. Kleine Schulgeographie - S. 98

1818 - Sondershausen : Voigt
§3 Europa. sa a men, Obst und beträchtliche Waldungen. Das Mr'ne- ralreich ist in den Gebirgsgegenden, besonders auf dem Harze, sehr wichtig, und liefert sehr wenig Gold, Sil- der, Blei, Kupfer, Eisen, Zink, Galmei, Arsenik, Vi- triol, Schwefel, Alabaster, Steinkohlen, Marmor, Kalk, Schiefer, Mergel, Thon Walkererde, Torf, Salz-, Mi- neral- und Erdölquellen. Die Zahl der Einwohner betragt 1,500,000, größ- tentheils Lutheraner, doch sind auch Katholiken, Refor- mirte, Juden und Mennoniten darunter. Die Haupt- industrie besteht in Leinwandweberei und Garnfpinnerek, besonders im Fürstenthum Osnabrück; ferner hat man Tuch - Wollen- und Baumwollenfabriken, doch nicht hin- reichend für den Bedarf des Landes. Bedeutend sind die Fabriken des Mineralreichs. Der Handel, wozu das Land wegen der Nahe zweier Meere und der schiffbaren Flüsse, eine günstige Lage hat, ist bedeutend. Regent ist ein König, jetzt Georg Ih, der zugleich König von Großbritannien ist, und sich daher nicht im Lan- de selbst aufhalt. Er hat in der Deutschen Bundesver- sammlung eine Stimme. Die dazu gehörigen Provinzen sind: 1. Das Fürstenthum Kalenberg. Darin: Hannover, wohlgebaute Hauptst. des ganzen König-- reichs, in einer sandigen Ebene, an der Leine, hat ein könig- liches Schloß, viele Fabriken, 2200 H. und 20,000 E-, welche einen ansehnlichen Handel treiben. Herren hausen mit se- heuswürdigen Wasserkünsten und Montbrillant sind 2 kö- nigliche Lustschlösser in der Nahe von Hannover. Rehburg, St-, unweit des Steinhudersecs, mit einem Gesundbrunnen, Hameln, St- und ehemalige Festung, in einer schönen Ge- gend, an dem Einflüsse der Hamel in die Weser, treibt Schiff- fahrt. Salzhemmendorf, Mfl. mit einem Salzwerke. L. Das Fürstenthum Gottingen. Darin: Göttin gen, Hauptst. am Fuße des Hainberges und an der neuen Leine, einem Kanäle der Leine, ist wohlgebaut, und hat wichtige Wollenfabriken, eine berühmte Universität mit ei- ner der ansehnlichsten Bibliotheken und 9000 E. Nord heim, St. an der Ruhme. Münden, auch H a n n ö v e risch - Münden, St. in einem tiefen Thale, von waldigen Bergen umgeben, an dem Zusammenflüsse der Fulda und Werra, wel- che dann vereint den Namen Weser bekommen, treibt ansehn- lichen Handel. Nienover, Mfl. im Sollingerwalde, mit ei- ner Spiegelfabrik und Glashütte. Eimbeck, St- in einer
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